Neu gelesen: Kloster Chorin Entdeckungen um Mariensymbolik

Vor zehn Jahren schrieb ich diesen Text nach einem regnerischen Ausflug ins Kloster Chorin. Ich habe ihn neu gelesen – und möchte ihn heute mit euch teilen.

Im vergangenen April kehrte ich, nach langer Zeit, zum Zisterzienserkloster Chorin zurück. Die Kirche jedoch war wegen Restaurierungsarbeiten verschlossen. Man ärgert sich in solchen Momenten, dass man sich nicht rechtzeitig erkundigt hat – und doch, vielleicht war es Fügung. Ich war wegen eines Termins in Eberswalde in der Gegend und hatte mir vorgenommen, die Gelegenheit zu nutzen, um einen Abstecher nach Chorin zu machen. Ein feiner Nieselregen lag in der Luft. Was ich in diesem Augenblick dachte, verschweige ich lieber.

Kloster Chorin im Rieselregen. Dieses Foto habe ich damals gemacht. © jeonghi go

Die Tore zur Kirche blieben mir also verschlossen – doch der Seitenflügel, das ehemalige Abthaus, stand offen. Dort waren Ausstellungen untergebracht, und so fand ich mich bald umgeben von filigranen Buchmalereien des Mittelalters. Im Kellergeschoss erwartete mich eine zweite Schau: eine Ausstellung über Klosterpflanzen.

Auf einer Tafel stieß ich auf eine kleine Entdeckung, die mir fast bedeutender erschien als der Anblick der Kirche selbst: Maria, so hieß es, sei die Patronin des Klosters Chorin. Und deshalb – so der Text – seien die Ornamente der Anlage nach den Symbolpflanzen Marias gestaltet. Das hatte ich nicht gewusst. Plötzlich war meine Aufmerksamkeit ganz aufgerichtet. Es war, als hätte jemand im Nebel ein Licht angezündet.

Demnach, so las ich weiter, begegnet man im Kloster Chorin den Pflanzen Mariens in den Ornamenten der Friese, Kapitelle, Fenster und Fassaden: dem Weinblatt, der Rose, dem Beifuß, dem Eichenblatt, dem Hahnenfuß, der Erdbeere und der Weizenähre. Auch Klee und Walnuss sollen dazugehören.

Ich weiß nicht genau, was mich an diesen Marienpflanzen so tief berührte – vielleicht ihr stilles Wirken, ihre Symbolkraft, ihre Verbindung zwischen Erde und Himmel. Jedenfalls begab ich mich sogleich auf die Suche nach diesen zarten Zeichen in Stein.

Den Tafeltext aus dem Kloster Chorin habe ich unten wörtlich wiedergegeben. Nicht alle der erwähnten Pflanzen konnte ich entdecken – einige lassen sich nur erahnen, andere entziehen sich dem Blick. Und doch: Es hat sich gelohnt.


Mariensymbolik in Stein

Die wichtigste Symbolpflanze für Maria ist die weiße Lilie. Sie steht für Maria als keusche Mutter, der Reinheit des Herzens, der Unbeflecktheit, der Jungfräulichkeit. Sie steht für Licht und Erkenntnis, für die Sehnsucht nach Vollkommenheit. In Chorin findet man die Lilie in einem Trauffries rundum die Kirche.

Der Beifuß als wohl älteste Heilpflanze in unseren Breiten steht für Maria als Jungfrau, himmlische Braut und Mutter. Er beinhaltet die Reinigung und den Schutz vor allen Beeinträchtigungen. In Chorin findet man den Beifuß wiederholt als Schmuckelement.

Die Erdbeere beinhaltet Maria als Herrin aller Tugenden, Jungfräulichkeit, Demut und Bescheidenheit.
Die Rose als Mariensymbol steht für Schönheit, Vollkommenheit, Leid und Liebe. Sie ziert den Zugang zum Kreuzgang und findet sich symbolisch in den Maßwerkrundfenstern und der großen Zisterzeinserrose auf der Westfassade.

Im Hahnenfuss steckt die Bedeutung für Maria als behütende Mutter und Herrin des Frühlings. Dies trifft auch auf andere Frühlingsblüher zu wie Veilchen, Anemone, Gänseblümchen und Vergissmeinnicht; alles Pflanzen, die wir auf mittelalterlichen Tafelbildern mit Maria im Paradiesgärtlein wieder finden.

Das Eichenblatt oder auch die Abbildung mit den Eichelfrüchten hat Bedeutung sowohl für Maria als Nachfolgerin der nährenden Mutter und für Christus als beständige Grundkraft in uns. Die Eiche steht für Urkraft, Ewigkeit und Fruchtbarkeit. Kapitelle an den Pforten, Konsolen und Pfeilerkapitelle sind mit ihr geschmückt.

Die Weizenähre auf den Konsolen stehen für Christus als „Brot des Lebens“ und Maria als „Ähre“, die das Mehl dazu liefert. Vielfach findet man das Kleeblatt als Zierde auf Konsolen oder auch als Krabbe am Pfortenhaus. Der Klee steht als Ausdruck für die Trinität und als Symbol für Maria als darbietende volle Heilskraft.

Reste einer Deckenmalerei im westlichen Kreuzgang zeigen die Walnuss. Sie ist Symbol für Maria als göttliche Mutter, sie ist Kern und Basis aller Fruchtbarkeit, Symbol für die Dreieinigkeit. Und natürlich stand sie als gute Lagerfrucht in jedem Klostergarten.


Kloster Chorin

Stagnum Sanctae Mariae

Das Kloster Chorin trug den Namen “Stagnum Sanctae Mariae“.  Maria war die Patronin des Klosters. Von Anfang an trägt der Zisterzienserorden das Kennzeichen einer besonderen Hinwendung zu Maria. Die Väter des Ordens sahen in Maria die geschenkte Mutter, die sie als Herrin und Königin verehrten. Die Predigten Bernhards von Clairvaux zeugen von einer glühenden Verehrung der Königin des Himmels und der Erde. Es wurde bestimmt, dass alle Kirchen für Maria gegründet und ihr geweiht werden sollen.

Seit 1220 ist im zisterziensischen Messbuch für die Samstage eine Marienmesse vorgesehen. Das Salve Regina wird seit 1218 als Gruß an die Himmelskönigin am Schluss der abendlichen Komplet gesungen. Als äußerer Ausdruck der Marienverehrung wurde 1335 vom Generalkapitel beschlossen, dass jedes Konventsiegel das Bild der Gottesmutter zeigen musste.

Die Marienverehrung finden wir auch in der Architektur wieder. Viele Pflanzenornamente, die symbolisch Maria zugeordnet werden, zieren Konsolen, Kapitelle und Friese. So finden wir im Kloster Chorin Pflanzen wie Lilie, Beifuss, Erdbeere, Klee, Rose, Hahnenfuss, Weizen, Wallnuss und Eiche in Stein geformt.


© spurensucherin

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Ich bin die Spurensucherin

Ich suche Spuren – in Bildern, in Büchern, in Orten.
Besonders fasziniert mich Maria:
die Madonna in ihrer Wandelbarkeit, zwischen Kultbild und Kunstobjekt, zwischen Symbol und Sehnsucht.
Ebenso begegne ich Büchern, die nicht laut sind, aber lange nachhallen.

Ich schreibe, wenn eine Spur mich ruft.
Manchmal ist es ein Fresko in einer Dorfkirche, manchmal ein vergessener Eintrag in einem alten Buch.
Mindestens einmal im Monat halte ich eine dieser Fährten fest – in Wort, Bild und manchmal auch Ton.

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