Wie ich über Adonisgarten auf allerlei Verflechtungen deutscher Gelehrter stieß

Alles begann mit dem Aufräumen

Kurz vor Weihnachten, kurz vor dem Jahresende – Zeit zum Aufräumen. Ich habe mir meine Bücherregale vorgenommen. Die Bücher, die ich für meine nächste Publikation verwendet habe, sollen nun gesammelt an einem Ort stehen, statt weiterhin über die ganze Wohnung verteilt zu liegen. Es sind über hundert – sie schmiegen sich jetzt ordentlich auf fünf Billy-Regalbretter.

Beim Sortieren fiel mir ein kleines Büchlein in die Hände, das ich längst vergessen hatte.

Ein Dichter aus Smyrna und ein deutscher Philologe

Bion von Smyrna Adonis
Das Gedicht Adonis von Bion Von Smyrna. Übersetzt und hrsg. von Wilamowitz-Moellendorff. Reprint 2010

Ein „spät-hellenistischer“ Dichter namens Bion Von Smyrna schrieb vor über 2000 Jahren ein Gedicht über den Tod Adonis. Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff übersetzte es ins Deutsche und gab ein schmales Bändchen heraus – 48 Seiten. Ich hatte mir einen Reprint besorgt. Das Gedicht selbst ist recht kurz, der Rest besteht aus Einführung und Anmerkungen des Herausgebers.

Ich hatte das Heftchen erst nachträglich gekauft, als der Abschnitt über das Adonisfest für mein Buch Pflanze, die heimliche Herrscherin der Welt bereits geschrieben war. Das Manuskript liegt nun schon ein Jahr lang vollständig vor, bald soll das Buch in Südkorea erscheinen.

Gerade deshalb wollte ich den kleinen Band noch lesen – vielleicht war eine Ergänzung nötig? Ich wusste nur nicht genau, wer dieser Wilamowitz-Moellendorff eigentlich war.

Deshalb wollte ich das Heftchen noch lesen und prüfen, ob Ergänzungen nötig sind. Ich wusste nur nicht, wer dieser  Herausgeber Wilamowitz-Moellendorff war.

Wikipedia hilft:

Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff (*1848 auf Gut Markowitz, †1931 in Berlin) war einer der bedeutendsten deutschen Philologen. Er lehrte in Greifswald, Göttingen und Berlin, wo er die klassische Philologie des 20. Jahrhunderts maßgeblich prägte – mit seinen Editionsprojekten, seiner Erneuerung der Textkritik, seinem Einfluss auf die Berufungspolitik und seiner Rolle als Wissenschaftsorganisator.

Verbindungen zu Karl Foerster und Herta Hammerbacher

Seine Biografie faszinierte mich in zweierlei Hinsicht: Einerseits als klassischer Philologe, andererseits, weil er fast zur gleichen Zeit an der Berliner Universität lehrte wie Wilhelm Foerster – den ich durch meine Beschäftigung mit Karl Foerster kennen- und schätzen gelernt habe.

Bis dahin war mir nur ein klassischer Philologe wirklich ein Begriff: Wolfgang Schadewaldt. Ein lebenslanger Freund der Landschaftsarchitektin Herta Hammerbacher (1900–1985). Während meiner Promotion über Hammerbachers Leben und Werk erfuhr ich von ihrer Freundschaft. Aus dem „Wolfgang“ ihrer Jugendzeit war ein großer Philologe geworden. Ich besitze Ilias und Odyssee in seiner Übersetzung – sie gelten als die besten. Leider war die Freundschaft zwischen ihm und Hammerbacher rein privater Natur und ließ sich nur schwer in meine wissenschaftliche Arbeit einflechten.

Wolfgang und Herta

Letztes Jahr begegnete mir Wolfgang Schadewaldt erneut – diesmal im Rahmen meiner Ägyptenreise-Vorbereitungen. Ich las Die Tempel Ägyptens von Dieter Arnold. Der renommierte Ägyptologe ist mit Dorothea Arnold verheiratet, der langjährigen Leiterin der ägyptischen Abteilung des MoMA in New York. Und Dorothea ist niemand anderes als Schadewaldts Tochter. Vater Philologe, Tochter Ägyptologin – wie schön sich die Linien fortsetzen.

Im Hammerbacher-Archiv liegen Briefe von Schadewaldt an sie – bislang bin ich nicht dazu gekommen, sie zu sichten. Ob ich das jemals schaffe?

Zurück zur Grand Dame

Und so hat mich das kleine Gedichtbändchen über den Tod des schönen Adonis, das mir beim Aufräumen in die Hände fiel, wieder zurückgeführt – zu meiner Grand Dame, Herta Hammerbacher.


© Spurensucherin

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Ich bin die Spurensucherin

Ich suche Spuren – in Bildern, in Büchern, in Orten.
Besonders fasziniert mich Maria:
die Madonna in ihrer Wandelbarkeit, zwischen Kultbild und Kunstobjekt, zwischen Symbol und Sehnsucht.
Ebenso begegne ich Büchern, die nicht laut sind, aber lange nachhallen.

Ich schreibe, wenn eine Spur mich ruft.
Manchmal ist es ein Fresko in einer Dorfkirche, manchmal ein vergessener Eintrag in einem alten Buch.
Mindestens einmal im Monat halte ich eine dieser Fährten fest – in Wort, Bild und manchmal auch Ton.

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